Der Geschichte Teil 8

„B-r-i-g-i-t-t-e, nicht Brigidde. Brigitte Bütsch ist mein Name. Sie haben mir am Silvesterabend diesen Tölpel mit dem Herd geschickt. Ich möchte mich beschweren.“ (…) „Was soll das heißen, ich hätte blöd im Weg herumgestanden?! Ich will jetzt SOFORT Ihren Chef sprechen, Sie unverschämtes Gör.“ (…) „Ich kaufe schon seit Jahren in Ihrem Geschäft. So etwas ist mir noch nie passiert! Eine bodenlose Frechheit ist das! Über SIE werde ich mich auch beschweren. Darauf können Sie sich verlassen. Am Besten suchen Sie sich direkt einen neuen Job, Fräulein!“

Empört legte Brigitte auf. Diese jungen Dinger hatten aber auch nicht den geringsten Anstand. „Alte Fregatte“ hatte das kleine Flittchen sie genannt. Der würde sie es noch zeigen. Zunächst aber konnte sie ihre Neugier nicht länger bezähmen. Sie musste Melissa nach der Silvesterparty fragen. Komisch, dass die sich noch nicht gemeldet hatte. Zu ärgerlich, dass sie nicht zu der Party hatte kommen können. Dabei hatte sie doch so viel vorgehabt. Mit den netten Kollegen aus der Kanzlei. Nett, gutaussehend und vermögend alle beide. Sie hatte sich nicht entscheiden können, welchen sie besser fand. Deswegen wurden kurzerhand beide eingeladen. Und Bruce. Der Junge tat ihr irgendwie leid. Soweit sie sich erinnerte, hatte er seit Ewigkeiten keine Freundin mehr gehabt. Dabei war er gar nicht so hässlich. Trotzdem nicht ihr Typ. Brigitte humpelte mit dem Telefon hinüber zu ihrem Diwan und wählte dann Melissas Nummer. Niemand nahm ab. Kopfschüttelnd versuchte sie es noch mal. Ob Melissa wohl noch schlief? Sie hätte doch sicher erzählt, wenn sie noch etwas vorgehabt hätte. Seufzend wählte sie schließlich Melissas Handynummer. Nach dem fünften Klingeln meldete sich schließlich eine wohltönende, etwas abgehetzt klingende Männerstimme „Allô?“.

[Meanwhile in another Place]

Es war dunkel. Melissa wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Sie war gelaufen, so schnell sie konnte. Menschen hatten sie angestarrt, teils verwirrt, teils belustigt. Was für einen Anblick sie geboten haben musste, die Bluse halb aufgeknöpft, der Rock angerissen, die Haare wirr. Und dann noch Mortimer. Der gute Mortimer. Sie mochten sie wahrscheinlich für eine verrückte Katzenfrau gehalten haben, so wie sie aussah. Irgendwo hinter ihr lief Sebastien. Sie schien ihn abgehängt zu haben. Irgendetwas hatte geklingelt und ihn abgelenkt. Irgendetwas, das ihr seltsam bekannt vorkam. Dieser Klingelton. IHR HANDY. Sie hatte nichts mehr. Alles war in diesem Zimmer zurückgeblieben. Alles, außer Mortimer. Wo war sie? Bäume ragten um sie herum empor gegen den immer dunkler werdenden Abendhimmel. Ihr stockte der Atem. Der Forêt de Montmorency.

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